Bayern qualifiziert sich für die Königsklasse in HR
Weder eine zentrale Datenbasis noch Personalsoftware: Früher arbeitete das HR-Team des FC Bayern München teils mit manuellen Abläufen. Die Folgen: intransparente Prozesse und hoher Aufwand für alle Beteiligten. Ein neues Personalinformationssystem sorgt nun für Klarheit und ein motivierendes Umfeld für alle Mitarbeitenden.

Bildquelle: Haufe Group
31-facher deutscher Fußballmeister, 20 DFB-Pokalsiege, neun Siege beim Supercup: Allein auf nationaler Ebene ist die Liste der Titel lang. Hinzu kommen zweimalige Gewinne des Weltpokals und sechs Titel, die der Club bisher in der UEFA Champions League abräumte. Kurzum, die sportlichen Erfolge des FC Bayern München können sich sehen lassen. Doch ohne einen professionellen Wirtschaftsbetrieb im Hintergrund wären diese Erfolge kaum möglich. Mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich nicht nur um die sportlichen und medizinischen Belange der Teams, sondern auch um unternehmerische Aufgaben wie Controlling, Partnership Relations, Finanzbuchhaltung oder Personalwesen. Außerdem gehören Merchandising, Onlineshop und Webauftritt heute genauso zum Sportbusiness wie das Ticketing und die reibungslose Organisation von Heimspielen in der Allianz Arena oder im Audi Dome, in dem die Basketballer des FC Bayern zu Hause sind.
Digitale Prozesse für die Teams hinter den Teams
Die Klammer um Sport und Business bilden beim FC Bayern zunehmend digitalisierte Prozesse. Seit mehreren Jahren verfolgen die Verantwortlichen eine klare Digitalstrategie mit demZiel, Prozesse zu automatisieren und eine einheitliche Datenbasis zu schaffen. Seit 2014 begleitet SAP Deutschland den Digitalkurs des Rekordmeisters. Gemeinsam setzten die Partner schon mehrere Projekte um, die dem Verein helfen, die sportlichen und wirtschaftlichen Ziele zu erreichen. Beispielsweise nutzen die Bayern die Customer-Experience-Lösungen des Walldorfer Softwarehauses, um den Fans über den Sport hinaus gute Kundenerfahrungen zu bieten. Im vergangenen Jahr folgte ein weiterer Digitalisierungsschritt. Im Fokus stand diesmal der Personalbereich.
HR gilt als strategischer Partner für den gesamten Verein. Sein Ziel ist es, für die sportlichen Teams, aber auch für das Team hinter den Teams das bestmögliche Arbeitsumfeld zu schaffen. Spieler, Physiotherapeuten, Manager oder Verwaltungskräfte: Jeder Mitarbeitende soll im Sinne von Wertevermittlung und Zusammenarbeit auf Augenhöhe sein Potenzial entfalten können. Wie derzeit in vielen HR-Abteilungen macht sich auch bei den Bayern ein Wandel in der Personalarbeit bemerkbar: Human Capital Management (HCM) geht zunehmend in Human Experience Management (HXM) über – weg von der reinen Personalverwaltung hin zum People Business.
Dies bedeutet, die Anforderungen aller Mitarbeitenden zu berücksichtigenund schnell passende Lösungen für ihre Anliegen zu finden. Es geht also im Kern darum, ein motivierendes Arbeitsumfeld zu schaffen. Dieses Vorhaben scheiterte bisher an teils versprengten Datensätzen und Excel-Listen, mit denen das HR-Team seine Abläufe organisierte. Prozesse im Recruiting oder bei der Personalplanung liefen mitunter manuell ab, einzelne Vorgänge wie Urlaubsanträge oder Änderungen der Mitarbeiterprofile gestalteten sich aufwendig und zeitintensiv. Da manche Daten mehrfach in diversen Quellen vorlagen, war nicht immer ersichtlich, welche Informationen aktuell waren und welche nicht. Eine neue Software sollte die Abläufe daher transparenter machen und helfen, sämtliche HR-Prozesse zu standardisieren und zu optimieren.
Digitale Transformation in HR
Der Umstieg von unübersichtlichen, teils analogen Abläufen hin zu zentralen und digitalen Prozessen gelang mit SAP Success Factors. Das cloudbasierte Personalinformationssystem beinhaltet alle wichtigen Funktionen. Der Sportclub kann alle HR-Anwendungen wie Personalbeschaffung, zukünftig Onboarding oder Performance Management zentral bündeln und damit den gesamten Human-Experience-Zyklus abbilden – vom Start des Mitarbeitenden im Verein bis zu seinem Ausscheiden. Zentrale Features lassen sich mit der App SAP Success Factors Mobile jederzeit nutzen. Und zwar sowohl vom HR-Team als auch von den Mitarbeitenden selbst. Je nach Berechtigung können beide Parteien Informationen einsehen und bearbeiten – auf dem Smartphone, Tablet oder Desktop. Der Zugriff auf Daten und HR-Prozesse gelingt so deutlich einfacher als früher. Die Nutzerinnen und Nutzer können online auf persönliche Daten zugreifen, ihr Profil aktualisieren und Abwesenheitszeiten wie Urlaube eingeben, erfassen oder genehmigen lassen. Auf der anderen Seite kann sich das HR-Team auf das konzentrieren, was es am besten kann: die strategische, wertorientierte Personalarbeit. Dank der effizienten digitalen Umgebung gelingt es dem Team noch besser, die Mitarbeitenden in den Mittelpunkt zu stellen. Dies und die erwähnten Self Services für die Mitarbeitenden sind Gründe, weshalb die neue HR-Lösung beim Verein hohe Akzeptanz erfährt.
Rein virtuelle Schulungen
Um die Anwender mit der neuen Software vertraut zu machen, setzte der Club für die unterschiedlichen Zielgruppen – beispielsweise HR-Abteilung, Führungskräfte, Sportler und Verwaltungsteam – spezielle Schulungen auf. Da die Trainings mitten in die Coronapandemie fielen, fanden sie rein virtuell via Microsoft Teams statt. Für die Nachwuchsspieler, die das System in Zukunft ebenfalls nutzen sollen, werden aktuell weitere Videos erstellt. Außerdem sind die Schulungen mittlerweile fester Bestandteil des Onboarding-Prozesses, sodass auch neue Mitarbeitende direkt abgeholt werden können. Bereits vor dem Onboarding profitiert das Recruiting-Team von dem neuen System. Zum Hintergrund: Die unterschiedlichen Anforderungen der unterschiedlichen Stellenprofile wie Fanshop-Mitarbeitenden, Sales Manager oder Greenkeeper machen den Recruiting-Prozess komplex. Während die Recruiter früher mit aufwendigen, teils papierbasierten Prozessen arbeiteten, läuft jetzt alles digital und damit viel komfortabler ab. Über das Recruiting hinaus erhält das gesamte HR-Team Einblick in den Status quo der Personalbeschaffung. Auf einen Blick wird klar, ob genügend Kräfte eingeplant oder weitere Rekrutierungsmaßnahmen erforderlich sind.
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Neueinsteiger erhalten einen virtuellen „Buddy“ und arbeiten dadurch in den ersten sechs Monaten rund 80 Prozent produktiver und effizienter als solche ohne Unterstützer.
Eine App, die alle Wege kennt
Für die Zukunft wäre es denkbar, ein weiteres Feature der mobilen HR-App zu nutzen, das neuen Mitarbeitenden das Leben vom Eintritt ins Unternehmen an leichter machte. Während des Onboardings stünde ihnen neben dem echten „Buddy“, den es heute schon gibt, ein virtueller „Buddy“ zur Seite, der sie beim Eingewöhnen unterstützte. Ihren Arbeitsplatz könnten sie schon vor dem Start im neuen Job virtuell besichtigen. Integrierte Leitfäden zeigten auf, wie sie ihr PC-Equipment erhalten oder den IT-Support erreichen. Erfahrungsgemäß arbeiten Neulinge, die derart unterstützt werden, in den ersten sechs Monaten 80 Prozent effizienter und produktiver als solche, die ohne digitale Hilfe im Unternehmen beginnen. Weiterhin bietet die App spezielle Funktionen für das Onboarding. Beim FC Bayern könnte die App künftig dabei unterstützen, Mitarbeitende durch die Allianz Arena oder den FC Bayern Campus zu navigieren. Sie würde ihnen genau anzeigen, wie sie an ihren Einsatzort gelangengelangen und was sie dort erwartet. Das hört sich zunächst banal an, ist aber immens wichtig. Jeder, der schon mal in einer großen Fußballarena unterwegs war, weiß, wie schnell dort die Orientierung verloren gehen kann.
Mitarbeitende als Fans und Kunden
Wie vielseitig sich SAP Success Factors einsetzen lässt, zeigt folgende Besonderheit: Wie in vielen erfolgreichen Clubs sind die Mitarbeitenden beim FC Bayern gleichzeitig auch Fans und Kunden. Heißt: Sie kaufen Karten für das nächste Heimspiel oder neue Trikots im Onlineshop des Vereins. Alle für die unterschiedlichen Nutzerrollen notwendigen Informationen sind zentral in den Stammdaten des HR-Systems hinterlegt und mit allen anderen Applikationen wie dem CRM- und Ticketsystem verzahnt. Das bedeutet: SAP Success Factors ist voll in die bestehende IT-Landschaft integriert, alle Personaldaten liegen allein in dieser Software vor. Weitere Mehrwerte liefert die Schnittstelle zu Microsoft 365: Onboarding- und Offboarding-Prozesse oder Jobtiteländerungen lassen sich automatisiert darüber abbilden. Wechselt ein Mitarbeiter beispielsweise intern seinen Job, passt das System die E-Mail-Signatur automatisch an und spielt sie korrekt in Outlook aus, ohne dass die HR-Abteilung die IT informieren muss. Solche Prozesse wirken im Kleinen, machen aber große Unterschiede aus. Denn statt sich auf Administratives zu konzentrieren, kann das HR-Team strategische Themen in den Vordergrund rücken.
Change Management weiter begleiten
Sechs Monate dauerte die Einführung von SAP Success Factors im Verein. Clubübergreifend sind aktuell mehr als 1.000 Datensätze sowie rund 800 aktive User im Personalinformationssystem hinterlegt. Seit dem Go-live im Frühjahr 2021 passen die Verantwortlichen die HR-Lösung kontinuierlich an, um weiteres Feedback vom HR-Team und den Mitarbeitenden zu berücksichtigen. Und auch in Zukunft wollen sie den Change-Prozess weiter begleiten. Denn Prozesse nachhaltig zu verändern und die neuen Pfade zu verfestigen, gelingt nicht von heute auf morgen. Personalsoftware, die zwar implementiert, aber nicht genutzt wird, hilft niemandem. Und ein System, in dem Datenqualität nicht oberste Priorität besitzt, scheitert ebenfalls. Für den FC Bayern ist daher klar: Eine IT-Implementierung ist nur erfolgreich, wenn die Mitarbeitenden, die sie nutzen, auch davon profitieren. Oder anders ausgedrückt: Digitalisierung darf nie Selbstzweck sein, sondern muss stets den Menschen in den Mittelpunkt stellen.
DR. MICHAEL GERLINGER ist DirektorRecht,
Personal und institutionelle Beziehungen
beim deutschen Fußball-Rekordmeister FC Bayern München.
FABIAN FLACH ist Head of SAP Success Factors
für Mittel- und Osteuropa bei SAP.
